Sabine Fuhrmann, Rechtsanwältin, Partnerin bei Spirit Legal und Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht erläutert die rechtliche Situation, wie Tagungshotels sich vor unliebsamen und Image schädigenden Vertragspartnern schützen können.
Vertragliches Rücktrittsrecht in den AGB vorsehen
Entscheidend für den Umgang mit unliebsamen Buchungen von Parteien oder Institutionen ist, ob und welche Regelungen die AGB des Hotels für diesen Fall vorsehen und ob bereits bei Vertragsschluss für das Hotel erkennbar war, welche Person, Partei, Institution oder auch welches Unternehmen hinter der Buchung steht. Insbesondere bei Direktbuchungen, das heißt beim Zustandekommen eines Vertrags ohne eine vorangegangene Korrespondenz oder einen persönlichen Kontakt zum Buchenden, kommt den AGB des Hotels (nicht der Vermittlungsplattform) besondere Bedeutung zu.
Wurde ein Vertrag wirksam geschlossen, so sind beide Vertragspartner daran gebunden, es sei denn, ein Vertragspartner kann sich auf eine gesetzliche oder vertragliche Rücktrittsmöglichkeit berufen. Da es ein gesetzliches Rücktrittsrecht für solche Verträge fehlt, ist es ratsam, dass die AGB des Hotels die Möglichkeit des Rücktritts vorsehen. Dabei sollte nicht nur eine Frist zur Ausübung des Rücktrittsrechts definiert werden (zum Beispiel zwei Wochen nach Buchung), sondern auch die Sachverhalte beschrieben werden, die zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen. Was in keinen Hotel-AGB fehlen sollte: ein Rücktrittsrecht des Hotels bei einer Täuschung durch den Buchenden sowie wenn durch das Ausrichten der Veranstaltung ein Imageschaden entsteht, sei es durch eine drohende Berichterstattung oder durch zu erwartende Proteste.
Genaue Nachfrage beim Veranstalter
Wird die tatsächliche Veranstaltung bei der Buchung verschleiert und der Hotelier dadurch getäuscht – angeblich werden die Veranstaltungsräume für ein 75. Firmenjubiläum gebucht, tatsächlich soll hier aber der Kreisparteitag der AfD stattfinden oder es wird unter falschem Namen gebucht und kurzfristig werden die Kontaktdaten auf die Parteianschrift geändert – kommt auch eine Anfechtung des Vertrags in Betracht. Das ist jedoch in der Praxis mit erheblichen Beweisschwierigkeiten verbunden, daher ist der Weg über das vertraglich eingeräumte Rücktrittsrecht zu bevorzugen.
Damit das Hotel nicht erst am Veranstaltungstag erfährt, welchen Gast es sich ins Haus geholt hat, empfehle ich, nach der Buchung beziehungsweise dem Vertragsschluss den Gast aktiv anzuschreiben und eine Erklärung abzufordern, dass es sich bei den Buchungen nicht um Versammlungen oder Veranstaltungen mit rechtsextremen, rassistisch-antisemitischen oder gewaltverherrlichenden Inhalten handelt.
Tipp: Ein standardisierter Fragebogen kann helfen, eine Entscheidungsgrundlage für die Ausübung des Rücktrittsrechts oder des Hausrechts zu schaffen.
Gebrauch vom Hausrecht machen
Grundsätzlich steht dem Hotelier das Hausrecht als Folge des Grundstückseigentums oder -besitzes (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) und der Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) zu. Das ermöglicht es ihm, frei darüber zu entscheiden, wem er Zutritt gestattet und wem nicht. Eine vertragliche Bindung des Hausrechtsinhabers oder auch eine Öffnung der Örtlichkeit für den allgemeinen Publikumsverkehr können jedoch dazu führen, dass der Hotelier in der Ausübung des Hausrechts beschränkt ist. Das entschied 2012 der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 09.03.2012 - V ZR 115/11) in einem viel beachteten Urteil über die Ausübung des Hausrechts durch den Betreiber eines renommierten Wellnesshotels, bei dem sich ein NPD-Funktionär mitsamt Gattin einmietete.
Ergo: Wer bereits vor der Buchung den „Braten riecht“ und entsprechend reagiert, kann sich einigen Begründungsaufwand und Ärger ersparen. Hotels, die sich bereits an einen unliebsamen Gast vertraglich gebunden haben, sollten prüfen, ob sie auf anderem Wege den Vertrag lösen können. Für diese Situation sollten die AGB ein entsprechendes Rücktrittsrecht vorsehen.
Entscheidungen gut abwägen
Doch was, wenn das Hotel – trotz der beim Veranstalter abgefragten Erklärung – bemerkt, dass es getäuscht wurde? Dann kommt, aufgrund der Täuschung, auch noch am Tag der Veranstaltung in Betracht, dass das Hotel die Veranstaltung absagt. Allerdings gilt es zu bedenken, dass mit Blick auf die Planung und Vorbereitung der Hotelier zu diesem Zeitpunkt bereits erheblich in Vorleistung gegangen sein wird.
Ich empfehle, in diesem Fall die Rahmenbedingungen zu betrachten und abzuwägen. Werden andere Gäste Anstoß an der Veranstaltung nehmen? Sind Presse, Funk und Fernsehen oder Proteste zu erwarten? Zeichnet sich ein Shitstorm in den sozialen Netzwerken ab? Befinden sich zur Zeit der Übernachtung Personen im Haus, die besonders schutzbedürftig sind?
Ist das nicht der Fall, sollten auch Tagungshotels gut abwägen, ob sie eine Auseinandersetzung mit den Buchenden suchen und damit gegebenenfalls erst einen medialen Sturm lostreten, der hohe Wellen schlägt.